Solidarwirtschaft will ihre Seele verkaufen…

Die Solidarwirtschaft will ihre Seele verkaufen…

 

…und die Handelskammer sagt Nein zum Angebot. Aus rechtlichen Gründen, sagt der Präsident des Wahlbüros, Luc Wilmes, aus dem Wirtschaftsministerium. Drei der 16 Kandidaten wären nicht wählbar, weil sie keine Mitglieder der Handelskammer sind und damit sei die ganze ULESS-Liste eben zu verwerfen. Die ULESS (Union Luxembourgeoise de l’économie sociale et solidaire) wehrt sich und wirft der Handelskammer undemokratisches Verhalten vor. Zum Teil zu Recht wie wir meinen, wenn man die ganze Affaire aus einem rein juristischen Blickwinkel betrachtet. Denn der Direktor der ULESS sagt: « Wir sind dazu verpflichtet, Beiträge zu bezahlen, also wollen wir auch mitbestimmen ». Diese Aussage ist unmissverständlich und man sollte meinen mit diesem Argument würde er im Sinne der ULESS und deren Mitglieder handeln. Interessant ist es aber sich die Mitglieder der ULESS einmal genauer anzusehen. Es sind deren rund 60.

 

11 davon haben auch eine kommerzielle Aktivität und müssten laut Gesetz Mitglied bei der Handelskammer sein. Ihre Rechtsform ist die société à responsabilité limitée, die société coopérative oder die neu geschaffene société d’impact sociétal. Für diese knapp 15% der Unternehmen der ULESS würde die Aussage also gelten. Aber nur für dieses Sechstel und so fragt man sich was das « WIR » in der Aussage vom Direktor der ULESS wohl heissen mag. Denn was ist mit den anderen Mitgliedern? Ihre Rechtsform befähigt sie in keinster Weise sich für eine Mitgliedschaft in der Handelskammer zu bewerben. Ausser einem halben Dutzend « Fondations » sind nämlich ungefähr zwei Drittel der Mitglieder, also 40  « Vereinigungen ohne Gewinnzweck (asbl) ». Und die haben nun wahrlich überhaupt nichts gemein mit der Strategie der Handelskammer welche den Profit als einen elementaren Bestandteil jeglichen ökonomischen Handelns ansieht. Im Gegenteil sie stehen für ein komplett anderes Wirtschaftsmodell, ein Wirtschaften ohne Gewinnzweck.

 

Aus Rücksicht auf die große Majorität der Mitglieder müsste es deshalb als unangebracht gelten,  diese bei der Handelskammer einführen zu wollen und wider ihre Natur in eine Position zu manövrieren die ihren ethischen Grundsätzen diametral gegenübersteht. Wir möchten hier einige Leitlinien aufzählen welche den ASBL-Mitgliedern « heilig » sein dürften: « Der Mensch steht im Mittelpunkt jedes ökonomischen Handelns, wir setzen uns für das Gemeinwohl ein, unsere Tätigkeit beruht auf dem Prinzip der Gegenseitikeit, Teilen statt Tauschen, Arbeit ist ein Grundrecht », kurz, gemeint ist ein dritter Wirtschaftssektor, ein sogenannter « non-profit sector » . Einen solchen wie ihn auch Jeremy Rifkin vorschlägt und der uns hilft auf einer humanistischen Grundlage für die zukünftigen Generationen zu planen. Deshalb sollte neben der Privat- und der öffentlichen Wirtschaft ein dritter Wirtschaftspfeiler entstehen der diese Strategien in ein politisches Konzept einbetten kann. So wäre es auch sinnvoller als ULESS, nicht unbedingt zur Handelskammer gehören zu wollen sondern eine alternative Kammer für die Solidarwirtschaft zu fordern. 

 

Romain Biever

Präsident ILES asbl

Institut luxembourgeois de l’économie solidaire. 

 

 


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